KI und das Urheberrecht – welche Werke darf ich nutzen? Steht meinen durch KI generierten Werken der Schutz des Urheberrechtes zu?

KI und das Urheberrecht - welche Werke darf ich nutzen? Steht meinen durch KI generierten Werken der Schutz des Urheberrechtes zu? Welche Bedeutung hat die Regelung des § 44 b UrhG? Wir stehen erst am Anfang der Diskussionen um KI und das Urheberrecht. Wie schützen wir Kreative besser durch das Urheberrecht? Wodurch kann man die angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke sicherstellen? Womit kann man verhindern, dass ähnliche Werke die Verwertung der Kretaiven unterlaufen?


Internetrecht

1. der Schutz urheberrechtlich geschützter Werke

Das Urheberrecht ist ein „Urheberschutz“-Recht. Seine Entstehungsgeschichte beruht unter anderem auf den Gedanken des Schutzes der Kreativen gegenüber den Verwertern, wie ihn Viktor Hugo vertreten hat.

Die Voraussetzungen des Schutzes – die persönliche geistige Schöpfung

Ein Werk genießt den Schutz des Urheberrechtes im Augenblick seiner Entstehung. Dabei schützt das Urheberrecht das Werk in seiner konkreten Form.

Ein Werk (bspw Text, Musik, Lichtbildwerke, Lichtbilder, Videos, Filme, Tanz), welches als Ausdruck einer persönlicher Schöpfung geschützt ist, darf nur mit Zustimmung der Kreativen genutzt und verwertet werden.

Kein Schutz für Ideen

Eine grundsätzliche Ausnahme stellt die Übernahme einer Idee dar, welche hinter einem Werk steht und welche auch nur in Form dieser Idee genutzt werden darf, nie aber die konkret umgesetzte Form des Werkes. Damit will man die Kunstfreiheit gemäß Art. 5 III 1 GG schützen.


2. Die Möglichkeit der Nutzung - Grenzen, die im Rahmen der Nutzung von geschützten Werken zu beachten sind

Entgegen der früher möglichen „freien Nutzung“ (§ 24 a.F., weggefallen) bedarf es heute einer bestimmten gesetzlichen Ausnahmeregelung, welche eine Nutzung und/oder Verwertung ohne Zustimmung der Kreativen möglich macht.

Konkrete gesetzliche Ausnahmetatbestände

Beispielsweise Parodien, Pastiche, Karikaturen (§ 51 a UrhG), Zitate (§ 51 UrhG), Vervielfältigungen zum eigenen und privaten Gebrauch (§ 53 UrhG), (§ 50 UrhG) Berichterstattung oder schulische Bildung (§ 60 a-b UrhG) oder Wissenschaft und Forschung (§ 60 c -f) stellen gesetzliche Ausnahmetatbestände dar.

Karikatur oder Pastiche

Für eine Karikatur oder Parodie reicht es selbstverständlich nicht, diese als solche zu bezeichnen, sondern die Gerichte verlangen „an ein bestehendes Werk zu erinnern, gleichzeitig aber ihm gegenüber wahrnehmbare Unterschiede aufzuweisen, und zum anderen einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung darzustellen.“ (OLG Frankfurt, Urt. v. 02.02.2023, 11 U 1017/22; EuGH GRUR 2014,972 RN 20 Deckmyn).

Ein Pastiche ist – verkürzt – „Ein Pastiche ist ein eigenständiges kulturelles und/oder kommunikatives Artefakt87, das vor-bestehende Werke enthält, sich aber in seiner geistig-ästhetischen Wirkung von den entlehnten Quellen „wahrnehmbar“ unterscheidet. Es ist nicht erforderlich, dass er selbst urheberrechtlich schutzfähig ist.“ (vgl. Gutachten Kreuzer, Gesellschaft für Freiheitsrechte, Pastiche im Urheberrecht, S. 18)

Der „Drei-Stufen-Test“

Wichtig ist immer, dass der in den InfoSoc- und DSM-Rl enthaltene Drei-Stufen-Test beachtet wird, gemäß welchen die Interessen der Kreativen durch eine Nutzung und / oder Verwertung nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Keine Beeinträchtigung der normalen Verwertung des Werkes oder der berechtigten Interessen des Rechtsinhabers

Der Inhalt des Drei-Stugen-Tests ergibt sich aus Art. 5 V InfoSoc-Rl : Danach dürfen Ausnahmetatbestände „nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden [Stufe 1], in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird [Stufe 2] und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungebührlich verletzt (werden).

Arbeitet man also mit einer bestimmten Vorlage, so muss man auch durch eine inhaltliche Auseinandersetzung dokumentieren, dass man nicht den „Witz“, die Kopie des Inhalt des „vorbestehenden Werkes“ nutzt, sondern dem eigenen Werk inhatlich – und äußerlich – eine neue Richtung gegeben hat.

Der bekannte polnische Künstler Greg Rutkowski – welcher im Rahmen einer sehenswerten Dokumentation auf 3sat interviewt wurde, wehrt sich in meinen Augen zurecht gegen die massenhafte Übernahme seiner Werke ( https://www.3sat.de/…/kollegin-ki-uebernimmt-102.html).

Ohne eine Zustimmung und ohne eine gesetzliche Ausnahme dürfen geschützte Werke also nicht genutzt werden.

Vervielfältigung, Verbreitung und Bearbeitung – zustimmungsbedürftige Handlungen

Die bloße Kopie eines bestimmten Werkes – um das es bei dem Training mit Daten für die KI ohnehin nicht geht – und damit der konkreten Form stellt in meinen Augen eine Nutzung dar, und zwar als Vervielfältigung, Verbreitung und auch als eine – ebenso zustimmungsbedürftige – den Inhalt nicht ändernde Bearbeitung (Verkleinerung oder Vergrößerung), für welche gemäß § 23 I UrhG ebenfalls eine Vereinbarung mit den Kreativen notwendig ist.


3. zustimmungsbedürftige Handlungen auch bei der Nutzung von Werken im Rahmen der Nutzung von KI

Für die KI bedeutet dies, dass die Unternehmen, welche – nachweislich (!) – Inhalte in der urheberrechtlich relevanten Weise nutzen, dafür die ausdrückliche, vorherige Zustimmung der Kreativen brauchen und Vergütungen zu zahlen haben. Erfolgt die nachweisliche Nutzung ohne Zustimmungen, bestehen Beseitigungs-, Unterlassungs-, Schadensersatz- und Kostenansprüche.

Auch an dieser Stelle soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass Urheberrecht auch Nebenstrafbestimmungen enthält.

Die gesetzliche Lizenz gemäß § 44 b UrhG

Die Frage, die sich auch stellt, ist wie denn § 44 b Urhebergesetz _ Text- und Datamining zu verstehen ist und welche Nutzungen damit zulässig sind.

  • 44 b I UrhG besagt:

Text und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen„.

Wichtig ist aber auch Absatz 2, der eindeutig Grenzen der Nutzungen aufzeigt, indem er regelt:

Zulässig sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text und Data Mining. Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie für das Text und Data Mining nicht mehr erforderlich sind.

Zulässig ist damit das Training der KI mittels des in Absatz I geregelten Zweckes, nämlich die Text- und Datenanalyse. Über diese Analyse hinaus erscheint mir eine Nutzung gemäß dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift und dem Wortlaut nicht möglich. Der Grundsatz, die Nutzung und Verwertung der urheberrechtlich geschützten Werke durch die Kreativen nicht zu vereiteln, muss zwingend beachtet werden.

Auslegungsregeln für Ausnahmetatbestände

Grundsätzlich sind die Ausnahmebestimmungen des Urheberrechtes eng auszulegen. Für § 44 b UrhG bedeutet dies in meinen Augen, dass ich gemäß diese Ausnahmebestimmung eng gemäß dem gesetzgeberischen Zweck auslegen muss.

Solange sich das Training der KI auf diese Datenanalyse beschränkt und die direkte Übernahme von Werken ausschliesst – was nach dem aktuellen Stand des Trainings der Fall ist – ist diese Form der Nutzung ohne eine Zustimmung zulässig.


4. der mögliche Schutz der Kreativen - ausdrücklicher Vorbehalt und/oder technische Maßnahmen

Streitig kann sein, ob man diese Ansprüche als Kreative geltend machen kann, wenn man sich beispielsweise seine Rechte nicht ausdrücklich auf seiner Webseite vorbehalten hat. Diese Ansicht teile ich nicht. Sie widerspricht dem vorbehaltlosen Schutz des Urheberrechtes, der ohne Anmeldung schon bei der Entstehung des Werkes gewährt wird. Man kann als Kreativer jederzeit auch dann Ansprüche geltend machen, wenn man sich seine Rechte nicht ausdrücklich vorbehalten hat.

Der Hinweis auf § 10 UrhG – nur deklaratorisch

Auch der Hinweis auf das Urheberrecht hat gemäß § 10 UrhG nur deklaratorische Wirkung, welche als Vermutungsregel gilt, die jederzeit widerlegt werden kann.

Dennoch rate ich zu

  1. ausdrücklichen Hinweisen auf Webseiten, Sozialen Netzwerken, öffentlichen Bereitstellung, Ausstellungen zum Hinweis auf die Zustimmungsbedürftigkeit der Nutzungen und Verwertungen, insbesondere auch kommerzieller Art.
  2. technische Vorkehrungen auf Webseiten und – soweit möglich – in Sozialen Netzwerken

5. kann ich mit KI ein urheberrechtlich geschütztes Werk erschaffen ?

Auch schon vor der nunmehr massenhaften Nutzung von KI hat sich immer wieder die Frage gestellt, ob man bspw mit einem Computerprogramm ein im Sinne des Urheberrechtes geschütztes Werk erstellen kann.

Die persönliche geistige Schöpfung

Maßgeblich ist der auf dem europäischen Recht beruhende Begriff der persönlichen geistigen Schöpfung gemäß § 2 UrhG. Es muss im Hinblick auf die charakteristischen Züge, Bestandteile, Inhalte, Form eines Werkes ein konkretes Ergebnis des Schaffens einer Person vorliegen.

Das Arbeiten mit KI

Der Maler, der ein Computerprogramm programmiert, welches mit bestimmten Farben arbeitet und zudem zu erstellende Formen – eine Aneinanderreihung von Punkten – vorgibt, dürfte in meinen Augen auch dann den Schutz des Urhebergesetzes in Anspruch nehmen, wenn nicht jeder einzelne Punkt von ihm definiert wird.

Je weiter man sich jedoch von diesem Arbeitsergebnis entfernt, desto fraglicher wird der Schutz des Urheberrechtes.

Die europäischen Grundlagen des Urheberrechtes

Wenn die wesentlichen prägenden Werkinhalte und die Form des Werkes durch eine Person geschaffen wurden – und die nachweisbar ist (man sollte unterschiedliche digitale Versionen seiner Kunst speichern) – und die Form durch eine Originalität schöpferisch Ausdruck findet (vgl. EuGH, C-604/10 – Football DataCo), liegt ein geschütztes Werk vor. Einer ästhetischen Wirkung bedarf es nicht (EuGH, C-683/17 – Cofemel).

Die Entstehung durch KI geschaffene Werke

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien kann man also auch mit KI ein schützenswertes Werk schaffen, wobei entscheidend hinzukommen dürfte, inwiefern man durch Eingaben geschaffene Werke noch selber variiert.

Die Eingabe von Parametern wie Stimmungen, Motive oder bestimmte Handlungen, welche dann die konkrete Ausgestaltung dem Rechner überläßt, wird schwerlich einen schützenswerten „persönlichen originellen schöpferischen Ansatz“ erkennen lassen, soweit nicht die Kombination bestimmer Elemente zu einem neuen Werksinhalt führt.

Der persönliche Schaffensprozess – die nachweisbare Originalität des Werkes

Für die Auseinandersetzung vor Gericht es also für Kreative darauf ankommen, dass sie in den von ihnen geschaffenen Werken eine Originalität erkennbar werden lassen und sie nachweisen können, dass diese auf einer bestimmten eigenen Gestaltung, eigenem Einfluss auf die Arbeit und der Umsetzung eines eigenen Konzeptes beruhen. Gegebenenfalls muss man vielleicht bestimmte Arbeitsergebnisse zwischenspeichern.

Die Generativen Antagonistische Netzwerke

Der Einsatz sogenannter Generativer antagonistischer Netzwerke (GAN) wirft Fragen nach dem persönlichen Schaffen auf. Denn in diesem Fall zweier mit einander konkurrierender Künstlichen Neuronalen Netzwerken (KNN) generieren diese selbst Daten.

Die Arbeitsweise generativer Antagonistischer Netzerke

Man bezeichnet diese Künstlichen Neuronalen Netze als Generator und Diskriminator. Während der „Generator“ Daten erzeugt, überprüft der Diskriminator diese auf der Grundlage echter Daten. Diese zwei Netzwerke sind logisch und mathematisch so miteinander verbunden, dass die vom Generator erzeugten Daten tatsächlichen Daten immer ähnlicher werden. Das Ziel des Generators ist es, solche Daten zu erzeugen, die der Diskriminator nicht mehr von tatsächlich vorhandenen Daten unterscheiden kann. Eine menschliche, persönliche Interaktion ist dabei ausgeschlossen.

Eine sich noch entwickelnde Rechtsprechung

Diese Gedanken können notwendigerweise nur ein Ansatz sein, durch KI geschaffene Werke auf ihre Schutzfähigkeit zu überprüfen. Die Neuheit des Gebietes wird sicher noch eine Vielzahl weiterer Aspekte zutagefördern, die diskutiert werden müssen.

Im Hinblick auf die GAN erscheint die Annahme eine schützenswerte persönliche originelle Schöpfung dabei ausgeschlossen. Eine Ausnahme könnte nur dann gelten, wenn die Vorgaben für die Creation bereits ein schützenswertes persönliches und originelles Konzept erkennen lassen.



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