Erben eines Facebook-Accounts ! Ein ebenso trauriges wie aber auch notwendiges Thema ist das Erben eines Facebook-Accounts. In diesem Fall hat die vom Bundesgerichtshof gefällt Entscheidung auch eine tragische Komponente. Die Eltern einer unter ungeklärten Umständen getöteten Jugendlichen wollten Zugang zu dem Facebook-Account erhalten. Facebook versagte dies und unterlag vor dem Bundesgerichtshof im Jahre 2018 (Urt. v. 12.07.2018, III ZR 183/17). Nun hat der Bundesgerichtshof erneut entschieden, dass es nicht ausreicht, wenn Facebook den Erben nur einen USB-Stick zusendet, auf welchem sich 14.000 Seiten Inhalt befinden. Den Eltern müsse wie der Erblasserin uneingeschränkter Zugang gewährt werden.
das erste Urteil der Erben gegen Facebook - der Zugang der Erben zu den Accounts
Gemäß § 1922 I BGB treten Erben grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechte und Pflichten eines Erbes ein. Dazu gehören auch bestehende Verträge wie ein mit Zustimmung der Eltern geschlossener Vertrag mit Sozialen Netzwerken. Im Falle des Todes werden Inhalte eines Accounts gespeichert und die Accounts in einem Gedenkmodus versetzt.
die Geltung des deutschen Rechtes
Besonders wichtig war, dass der Bundesgerichtshof für die in Deutschland ansässigen Erben von der Geltung des deutschen Rechtes ausging. Das Internetrecht unterscheidet sich insofern dann auch nicht von anderen Rechtsgebieten und behandelt das Erbrecht betreffende Verträge entsprechend.
die Inhaltskontrolle der Nutzungsbestimmungen von Facebook
Der Bundesgerichtshof hatte schon 2018 entschieden, dass Nutzungsverträge von Sozialen Netzwerken aufgrund der Kontrolle gemäß § 307 II Nr. 1 BGB den prinzipiellen Regelungen des § 1922 I BGB widersprechen können (Urt. v. 12.07.2018, III ZR 183/17). Die inhaltliche Kontrolle gemäß den AGB-rechtlichen Regelungen des BGB führt dazu, dass die Beschränkungen des Zuganges für Erben unzulässig ist.
das zweite Urteil des Bundesgerichtshofes vom 27. August 2020 - der uneingeschränkte Zugriff der Erben
Der Bundesgerichtshof hatte wiederum aufgrund einer Entscheidung des Kammergerichtes Anlaß, sich mit der Frage der Einschränkung des Zugriffes der Erben auf ein Facebook – Account zu beschäftigen.
Mit Entscheidung vom 27. August 2020 (Beschluss vom 27.08.2020, BGH III ZR 30/20) entschied das oberste Zivilgericht, dass Erben ein ungehinderter Zugriff zu den Accounts von verstorbenen Nutzer zu gewähren ist. Insbesondere verwarf der zuständige Senat für Erbrecht die Ansicht, dass es ausreicht, wenn Soziale Netzwerk lediglich Inhalte an Erben übergeben.
Zugang zu Accounts wie verstorbene Nutzer und Nutzerinnen
Das maßgebliche Soziale Netzwerk hatte an die Erben einen USB Stick übergeben und den Zugang der Erben weiterhin beschränkt. Gegen diese Einschränkung hatten die Erben die Festsetzung eines Zwangsgeldes beantragt. Das Landgericht Berlin gab dem Antrag statt. Das Kammergericht hob diese Entscheidung auf und wies den Antrag zurück.
uneingeschränkte Nutzung außer Kommunikation mit Dritten
Der Bundesgerichtsof wies die Ansicht des Kammergerichtes zurück, dass der Schutz Dritter, die an Chats mit der verstorbenen Nutzerin teilgenommen hatten, höher zu bewerten seien als die Rechte der Erben. Grundsätzlich sei es den Erben zu gestatten, sich wie frühere Nutzerinnen und Nutzer auf dem Account „zu bewegen“. Ausgenommen davon war nur die Kommunikation mit Dritten.
kritische Anmerkung
Die beiden jeweils über 3 Instanzen geführten Rechtsstreitigkeiten haben die Rechte von Erben von Nutzerinnen und Nutzern grundsätzlich neu definiert.
Der Ansicht des Bundesgerichtshofes, die Rechte von Erben zu stärken, kann nur zugestimmt werden.
Der Bundesgerichtshof hält fest, dass den Erben die gleichen Rechte wie Nutzerinnen und Nutzer zu gewähren sind. Davon ausgenommen ist nur die Möglichkeit, mit Dritten über diese Accounts zu kommunizieren. Auch diese uneingeschränkte Möglichkeit des Zugriffes auf gespeicherte Inhalte in Abwesenheit anderweitiger Verfügungen erweist sich als sachgerecht.
Die Rechte Dritter aus Gründen des Datenschutzes müssen selbstverständlich beachtet werden. Aber den Erben einen uneingeschränkten Zugriff zu verwehren würde das Erbrecht ins Leere laufen lassen.