Facebook Mißbrauch bei Datennutzung ! Der Bundesgerichtshof hat mit Entscheidung vom 23.06.2020 eine Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes gegen Facebook bestätig und damit auch eine sofortige Durchsetzung ermöglicht. Gegenstand der Entscheidung durch das Bundeskartellamt war die Speicherung und Verarbeitung von Nutzerdaten im Falle einer von der Plattform unabhängigen Internetnutzung. Dabei sah der Bundesgerichthof nicht den Verstoß gegen die DSGVO als maßgeblich an. Vielmehr untersagte das Gericht die mißbräuchliche Nutzung von Vertragsbestimmungen gegenüber privaten Nutzern. Diese rechtswidrige Nutzung bestand in der Zusammenführung von Daten anderer Plattformen wie Instagramm und Whatsapp. Denn diese Aktivitäten außerhalb von Facebook führten zu einer personalisierteren Nutzung auf einer Plattform. Wichtig war auch, dass diese privaten Nutzer und Nutzerinnen keine Wahl hatten, ob sie nun mit einer Nutzung von Daten einverstanden waren, welche sie auf anderen Plattformen preisgaben (BGH, Beschl. v. 23.06.2020, KVR 69/19).
Facebook`s Mißbrauch einer markbeherrschenden Stellung bei Datennutzung
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 23.06.2020, KVR 69/19) im Bereich des Kartellrechtes führt dazu, dass die Entscheidung des Bundeskartellamtes vom 07.02.2019 bestätigt wird.
die Entscheidung des Bundeskartellamtes
Am 07.02.2019 hatte das Bundeskartellamt Facebook die Zusammenführung von verschiedenen Nutzungsdaten untersagt (Bundeskartellamt, Untersagungsverfügung vom 07.02.2019). Dieses Unternehmen hat seinen Sitz in Irland.
der „Ausbeutungsmißbrauch„
Dabei gründete die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes auf der wegen des Verstoßes gegen die DSGVO unzulässigen Zusammenführung der Nutzungsdaten und dem damit verbundenen „Ausbeutungsmißbrauch„.
Dieser „Ausbeutungsmißbrauch“ wird von dem Bundeskartellamt insbesondere dann als mißbräuchlich angesehen, wenn er Mitbewerber behindert.
die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum „Konditionenmißbrauch“
Das Bundeskartellamt begründet seine Entscheidung damit mit dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannten „Konditionenmißbrauch„. Dieser schlägt sich auch in einer entsprechenden „Ausbeutung“ nieder. Dies betrifft den Mißbrauch in Form der Zusammenführung der Daten unterschiedlicher Plattformen.
die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 23.06.2020
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung nur kurz auf die Entscheidung des Bundeskartellamtes Bezug genommen und dann diese bestätigt.
Das Gericht hält aufgrund der marktbeherrschenden Stellung und seiner mißbräuchlichen Nutzung durch diese Datenzuordnung die Untersagungsverfügung aufrecht.
Dabei stehe nicht die gemäß Art. 19 DSGVO unzulässige Nutzung und die Nutzung dieser Daten im Vordergrund.
die Gründe des Bundesgerichtshofes
Ausschlaggebend für den Bundesgerichtshof war die fehlende Wahlmöglichkeit für Nutzerinnen und Nutzer, diese Zusammenführung von Daten unterschiedlicher Plattformen abzulehnen.
Denn nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes wünschen viele Nutzerinnen und Nutzer eine geringere Verwendung ihrer nicht auf der Plattform Facebook generierten Daten. Darüber könnten Nutzerinnen und Nutzer aber nicht entscheiden.
die Behinderung von Mitbewerbern
Die mißbräuchliche Nutzung ergebe sich daher nicht nur aus der Ausbeutung dieser marktbeherrschenden Stellung. Maßgeblich sei auch aus die Behinderung der Mitbewerber.
die Netzwerkeffekte großer Plattformen
Ausdrücklich verweist der Bundesgerichtshof für die Annahme der marktbeherrschenden Stellung auch auf die Netzwerkeffekte großer Plattformen hin. Denn diesen können Mitbewerber aufgrund dieser „Ausbeutung“ keine Konkurrenz entgegensetzen.
Im Gegensatz zu dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf – Beschluss vom 26. August 2019 – VI-Kart 1/19 (V), WRP 2019, 1333 ) ging der Bundesgerichtshof auch nicht davon aus, dass es für die Auswirkungen dieser Netzwerke auf Drittmärkte nicht darauf ankommt, ob Facebook auch dort eine marktbeherrschende Stellung innehat.
die 10. GWB Novelle
Bemerkenswert ist an dieser Entscheidung, dass sie vor der Umsetzung der 10. Kartellrechtesnovelle erging.
Diese Reform sieht ausdrücklich einen weiteren Regelungstatbestand für die übergroßen marktbeherrschenden Plattformen vor.
Gerade die marktbeherrschenden Plattformen und die mit diesen verbundenen Netzwerkeffekte machen einen wirksamen Konkurrenzkampf unmöglich.
der neue Mibrauchstatbestand
Auch wenn § 18 Abs. 3 GWB schon vor der Reform einen Schutz gerade auch aufgrund dieser Netzwerke vorsieht, bleiben die Auswirkungen des dann neuen Mißbrauchstatbestandes gemäß der 10. GWB. Novelle abzuwarten.
Dann sollen Unternehmen erfasst werden, die eine „überragend marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb“ haben.
kritische Würdigung
Ich habe bereits in einem vorangegangenen Aufsatz im März 2019 betont, dass ich die Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes für richtig halte (https://jan-froehlich.de/wer-dealt-schon-gern-mit-datenpiraten-tagesspiegel-maerz-2019/).
Dabei habe ich unter anderem auch ausdrücklich auf die Netzwerkeffekte großer Plattformen Bezug genommen und den Mißbrauch marktbeherrschender Plattformen.
Aus diesem Grunde kann man aus meiner Sicht des Bundesgerichtshofes nur begrüßen.
Der Beschluss sendet auch vor der Umsetzung der 10. GWB-Novelle ein starkes Signal für andere Plattformen aus und stärkt Nutzerinnen und Nutzern den Rücken.
Zwar mag sich die einzelne Nutzerin und der einzelne Nutzer „ein wenig machtlos“ gegenüber großen Plattformen fühlen. Aber einmal zeigt schon der Beschluss des Bundeskartellamtes, dass die Kartellbehörde dem Nutzerverhalten einzelner Nutzer*Innen Beachtung schenkt.
Nun also können die – vielen – Entscheidungen vieler Nutzerinnen und Nutzer einen Unterschied machen und das ist doch ein gutes Signal.