Grenzenlose Influencer - keine Hinweise auf Werbung ? Ein wichtiger Grundsatz in den unterschiedlichen Medien ist der Grundsatz der Trennung von Werbung und redaktionellen Inhalten. Nutzer und Nutzerinnen sollten wissen, wann sie Inhalte unabhängig von kommerziellen Interessen sehen. Das Hanseatische Oberlandesgericht sah Hinweise in Form von Tags oder Links auf nicht bezahlte Produktdarstellungen und Herstellerangaben bei Influencer/Innen als entbehrlich an. Dies gelte dann, wenn sich aufgrund der Aufmachung und der Anzahl der "Follower" das kommerzielle Interesse der Influencer/Innen eindeutig ergebe. Auch das Oberlandesgericht München geht für das Instagramm-Profil von Cathy Hummels davon aus, dass keine unlautere Werbung vorliege. Auch in Zeitschriften seien Produkthinweise erlaubt, ohne dass es sich um Schleichwerbung handele.
grenzenlose Influencer/Innen ? keine Trennung von Werbung und anderen Inhalten
Das Oberlandesgericht Hamburg und das Oberlandesgericht München haben zwei Urteile zum Verbraucherschutz, zum Wettbewerbsrecht und der Meinungsfreiheit gefällt. Es handelt sich um die Frage, ob „Influencer/Innen“ von ihnen gesetzte Tags oder Links ausdrücklich als Werbung kennzeichnen müssen, wenn diese zu Produktdarstellungen oder Herstellerangaben führen. Diese Fragen entstanden in Fällen, in denen für das Setzen dieser Links oder Tags kein Geld gezahlt wird.
Oberlandesgericht Hamburg – keine Hinweise für Produktdarstellungen oder Herstellerhinweise notwendig
Das Oberlandesgericht Hamburg (Urt.v. 02.07.2020, 15 U 142/19) hat entschieden, dass Tags und Links und damit Verbindungen auf Produktdarstellungen und Herstellerhinweise auf einem kommerziell genutzten Account von Influencer/Innen nicht als Werbung zu kennzeichnen seien.
Bei 1,7 Millionen Abonnenten und durchschnittlich 50.000 Postings wären sich die Nutzer/Innen über die kommerzielle Zielsetzungen der Influencer/Innen im Klaren. Die Einkleidung in ein „privates Setting“ und als „privat“ gestalteter Posts folge einem genau kalkulierten Marketingkonzept. Dies sei aber den Nutzer/Innen bekannt.
Auch in Zeitschriften gäbe es einzelne Produkthinweise, ohne dass dies unzulässig sei.
Außerdem führe die fehlende Kennzeichnung bei den Nutzer/Innen nicht zu einer geänderten Geschäftseintscheidung. Denn diese gingen ohnehin von kommerziellen Interessen der Influencer/Innen aus. Dennoch räumte das Oberlandesgericht ein, dass es auch für Nutzer/Innen wichtig sei zu wissen, ob für Präsentationen Zahlungen geleistet werden.
Oberlandesgericht München – keine unlautere Werbung
Am 25.06.2020 hat es das Oberlandesgericht München (29 U 2333/19) ebenfalls abgelehnt, bei der Nutzung des Instagramm-Accounts für das – nicht bezahlte – Setzen von Tags und Links durch Cathy Hummels eine unlautere Werbung anzunehmen.
Zunächst einmal verneint das Oberlandesgericht gemäß Presseberichten in den angegriffenen Fällen geschäftliche Handlungen.
Zudem seien aber auch in Zeitschriftenartikeln Produkthinweise erlaubt, ohne dass dies als Schleichwerbung gelte.
Ungeachtet dessen wüssten die Nutzer/Innen, dass die Influencerin mit ihrem kommerzielle Interessen verfolge.Insofern handele es sich nicht um Unlautere Werbung.
andere Urteile des Oberlandesgerichtes Braunschweig und des Kammergerichtes
Das Kammergericht (Urt. v. 11.10.2017, 5 W 221/17) hatte entschieden, dass Influencer/Innen aufgrund ihres kommerziellen Interesses auf ihren Accounts und bei Instagramm in jedem Fall geschäftlich handeln.
Wie der kommerzielle Zweck einer Handlung gekennzeichnet werden muss, ergäbe sich aus dem Einzelfall. Ein Hinweis in einem Hashatg könne aber nicht ausreichend sein.
Eine Kennzeichenpflicht sei insofern aber entbehrlich, als der geschäftliche Zwecke des Handelns „auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar“ und damit offensichtlich sei. Nicht ausreichend sei, wenn sich aufmerksame Leser/Innen erst den Text durchlesen müßte, um den werblichen Zweck zu erkennen.
die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Braunschweig
Auch das Oberlandesgericht Braunschweig hielt die Werbung einer „Influencerin“ wegen der mangelnden Kennzeichnung als Werbung für wettbewerbswidrig (Urt. v. 13.05.2020, Az. 2 U 78/19).
Auch in diesem Fall seit das „setting“ der Influencerin als „privat“ gerade das Ziel des Marketing. Auch wenn die Influencerin nur durch Tags und Links auf bestimmte Produkte hinweise, für welche dann Dritte die Werbung übernähmen, unterfalle schon diese Handlung der Kennzeichnungspflicht.
kritische Anmerkungen
Das Urteil des Oberlandesgerichtes München überzeugt mich aufgrund der Grundsätze des deutschen und europäischen Rechtes nicht.
Frau Hummels unterhält verschiedene Verträge mit Modeunternehmen. Deshalb erscheint es nicht verständlich, auch im Fall ihrer Nutzung des Instagramm-Accounts nicht von einer kommerziellen Nutzung auszugehen. Zu Recht unterscheiden sich die Urteile beider Oberlandesgerichte in München und Hamburg in diesem Punkt.
Das Bild aufmerksamer und informierter Betrachter
Das – durch beide Oberlandesgerichte – genutzte Bild der informierten und aufmerksamen Verbraucher/Innen ist nicht nur zeitgemäß. Es entspricht auch den Grundsätzen europäischer und deutsche Regelungen. Es wäre sicherlich eine unerträgliche Bevormundung, ginge man nicht davon aus.
Die UGP – Richtlinie der EU
Die Richtlinie gegen Unlautere Geschäftspraktiken 2009/25/EG sieht in meinen Augen gerade auch für die Fälle der Influencer eine Haftung nach dem UWG vor. Dabei sollte es keine Rolle spielen, ob ein(e) Influencer/In für das Setzen von Tags und Links auf Produkte Geld erhält oder nicht.
Art. 7 Nr. 1 der UGP Richtlinie könnte für die Kennzeichnung auch unbezahlter Tags und Links sprechen, Nr. 11 des Anhanges I hingegen – unter Umständen – gegen die europarechtliche Verpflichtung. Jedoch erscheinen weiterhin strengere Maßnahmen der Mitgliedstaaten möglich.
Die umfassende Kontrolle durch das UWG
Auch § 2 Nr. UWG wird schon jetzt gerade auch im Hinblick Influencer/Innen so verstanden, dass die Frage einer direkten Geldzahlung an diese Personen für kennzeichnungspflichtige Handlungen keine Rolle spielt.
Die Revision zum Bundesgerichtshof
Das Hanseatische Oberlandesgericht hat wegen der abweichenden Rechtsauffassung des Oberlandesgerichtes Brauschweig und des Kammergerichtes die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Aus diesem Grunde wird es zu einer grundsätzlichen Klärung durch den für Wettbewerbssachen zuständigen I. Zivilsenat kommen.
eigene Beratungshinweise
Man wird grundsätzlich davon ausgehen müssen, dass das Setzen von Tags und Links durch Influencer/Innen als geschäftliche Handlung anzusehen ist.
Man kann den Oberlandesgerichten in Hamburg und München sowie dem Kammergericht darin folgen, dass die gesamte Aufmachung und Nutzung der Accounts in jedem Fall für eine Werbung spricht.
Denoch halte ich auch in dem Fall der Verwendung von Tags und Links eine entsprechende Aufklärung auch dann für notwendig, wenn gerade für diese Hinweise kein Geld gezahlt wird.
Einmal sprechen dafür die Schutzbedürftigkeit gerade auch vieler jugendlicher Nutzer/Innen, die sich der Illusion einer neutralen Ansicht hingeben könnten. Zudem machen die Hinweise der Influencer/Innen selbst nachdenklich, solche Hinweise seien nicht notwendig.
Grundsätzlich ist die Art der Verwendung von Hinweisen im Einzelfall zu prüfen. So könnten auch allgemeine Hinweise auf alle Inhalte, Posts und Accounts als Werbung ausreichend sein.