Keine rechtmäßige Nutzung oder Verwertung von Kunstwerken bei Drohnenaufnahmen

Die Panoramafreiheit gemäß § 59 UrhG erlaubt die Nutzung und Verwertung von Kunstwerken an öffentlichen Plätzen, Wegen oder Straßen. Dabei muss die Vervielfältigung in Form von Lichtbildern oder Film erfolgen. Wichtig ist, dass § 59 UrhG in seiner Auslegung auch dem europäischen Recht entsprechen muss. Das Oberlandesgericht Hamm hat nun mit Urteil vom 27. April 2023 (Az.: 4 U 247/21) entschieden, dass Aufnahmen durch Drohnen nicht der Ausnahmebestimmung des § 59 UrhG Rechnung tragen.


Recht

Die zulässige Nutzung und Verwertung gemäß der Panoramafreiheit des § 59 UrhG

Ich hatte schon im März darauf hingewiesen, dass die sogenannte „Panorama-Freiheit“ auf den Tisch des Europäischen Gerichtshof gehört. Der Bundesgerichtshof hatte in seinen beiden Entscheidungen „East Side Gallery“ (vgl. BGH, 19.01.2017 – I ZR 242/15) und „AIDIA-Kussmund“ (vgl. BGH, 27.04.2017, I ZR 247/15) nämlich entschieden, ohne die Fragen zur Auslegung des § 59 UrhG dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 27. April 2023

Mit Urteil vom 27. April 2023 (Az.:  4 U 247/21) hat das Oberlandesgericht Hamm es abgelehnt, durch Drohnen erstellte Fotoaufnahmen von Kunstwerken den Schutz des § 59 UrhG zuzuordnen.

§ 59 UrhG erlaubt es, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Plätzen und Straßen befinden, mit den Mitteln der Malerei oder Fotografie zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Dabei kann es sich um Bauwerke, Skulpturen, aber auch Werke der Streetart handeln.

Aufnahmen an „öffentlichen Wegen, Plätzen und Straßen“

Wichtig ist, dass sich diese Arbeiten an „öffentlichen Wegen, Plätzen und Straßen“ befinden. Ausnahmebestimmungen wie § 59 UrhG sind grundsätzlich eng auszulegen, dies entspricht auch den europäischen Vorgaben. Deshalb hat der Bundesgerichtshof in der „Friedrich-Hundertwasser“-Entscheidungen (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.2003, I ZR 192/00) auch Aufnahmen aus einem höheren Stockwerk eines gegenüberliegenden Haus als unzulässig erachtet. Die Aufnahmen müssen auf dem Erdboden der „öffentliche Wege, Plätze und Straßen“ erfolgen. Sogar die Nutzung einer Leiter war schon unzulässig.

Die Harmonisierung des europäischen Urheberrechtes

Die verschiedenen Richtlinien des europäischen Urheberrechtes befassen sich auch mit den Ausnahmen der sogenannten „Panorama-Freiheit“.

So wird es auch in diesem Fall der Auslegung des § 59 UrhG notwendig sein, den Europäischen Gerichtshof anzurufen, um diesen zu bitten, unter Berücksichtigung der Regelungen der Rl 2001/29, dort Art. 5 III lit. h und Art. 5 V der Richtlinie den Umfang des § 59 UrhG zu ermitteln.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm hat am 27. April 2023 entschieden, dass auch solche Skulpturen und Kunstwerke, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, weil sie sich an öffentlichen Straßen und Plätzen befinden, nicht durch Drohnen im Wege einer Anwendung des § 59 UrhG vervielfältigt werden dürfen.

Zwar dürfen solche Kunstwerke gemäß § 59 UrhG mit Kameras am Boden vervielfältigt werden, nicht jedoch durch eine Drohne. Luftaufnahmen fallen damit nicht in den Anwendungsbereich der Panoramafreiheit gemäß § 59 UrhG.

Das Oberlandesgericht bezieht sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes, welcher schon die Nutzung einer Leiter für Fotos als ausreichend angesehen hatte, um die Anwendung des § 59 UrhG abzulehnen.

Aus Sicht des Oberlandesgerichtes Hamm folgerichtig, dennoch jedoch bedauerlich hat das Berufungsinstanz nicht die Frage erörtert, ob denn der VG Bild-Kunst nicht auch im Falle der Anwendung des § 59 UrhG unter Berücksichtigung des Art. 5 V der Rl 2001/29 eine Vergütung für die von ihr vertretenen Kreativen zusteht.


Aufnahmen mit Drohnen keine rechtmäßige Nutzung der "Panorama"-Freiheit gemäß § 59 UrhG

Das Urteil des Oberlandesgericht Hamm ist nicht rechtskräftig geworden. Es wird daher zu einer Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof kommen. Da es sich bei der Frage der Auslegung des Anwendungsbereiches des § 59 UrhG aber auch um eine das Europarecht berührende Angelegenheit handelt, wird der Bundesgerichtshof wohl zum ersten Mal auch den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung des § 59 UrhG anrufen müssen.

Der nach europäischen Recht unzulässige Ausschluss der Kreativen von den Erlösen gemäß § 59 UrhG

Höchst vorsorglich wäre es sehr wünschenswert, wenn der Bundesgerichtshof bei dieser Gelegenheit auch den nach europäischen Recht unzulässige Ausschluss der Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern an den Erlösen der Nutzung und Verwertung gemäß § 59 UrhG überprüfen lassen würde. Denn Art. 5 V der Richtlinie 2001/29 verpflichtet die Mitgliedstaaten schon seit 20 Jahren auf eine anteilsgemäße Partizipation der Kreativen, ohne daß der Bundesgerichtshof diesem Gesichtspunkt überhaupt nur beachtet hätte. Auch in diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes äußerst wünschenswert.



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