Zitate für die Presseberichterstattung

Zitate für die Presseberichterstattung ! Als Autor eines Buches oder dieses Beitrages darf ich den Schutz des Urheberrechtes gemäß § 2 I Nr. UrhG in Anspruch nehmen. Zitate - auch wenn sie im Rahmen der Berichterstattung zu Tagesereignissen informieren - müssen in ihrem Umfang verhältnismäßig sein. Diese Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgt im Rahmen des Grundgesetzes, wenn eine europäische Richtlinie nicht abschließende Regelungen trifft. Der Schutz von Verfassungsrechten richtet sich dann nicht nach der Europäischen Grundrechtecharta. Je bedeutsamer das Ereignis, desto geringer ist der Schutz des Betroffenen, wenn dieser ein Skript - auch nur mit Anmerkungen - schon veröffentlicht hat.


Zeitung

Wie wird aus einem Zitat aus einem Buch aus dem Jahre 1988 ein Tagesereignis 2013 ?

Der Bundesgerichtshof hat am 30. April 2020 entschieden, dass der „SPIEGEL“ im Jahre 2013 zurecht ein ganzes Manuskript und einen Buchbeitrag über einen Link im Internet für die Öffetlichtkeit zugänglich gemacht hat (BGH, Urt.v. 30.04.2020, I ZR 228/15).

Die Veröffentlichung durch Volker Beck im Jahr 1988

Volker Beck, der damalige Bundestagsabgeordnete für die GRÜNEN, hatte sich 1988 für eine Strafrechtsreform eingesetzt. Durch forderte Beck unter anderem auch eine Entkriminalisierung von sexuellen Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen.

Ab 1993 hat er sich dann von dieser Haltung distanziert, nachdem er vorher dem Herausgeber des Buches vorwarf, an Inhalt und Überschriften des Buches unabgestimmt Änderungen vorgenommen zu haben.

Der Fund des Manuskriptes im Jahr 2013

Im Rahmen der externen Überprüfung der Haltung der GRÜNEN zu Fragen der Strafbarkeit von sexuellen Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen in den 80er Jahren fand sich im Jahre 2013 das Manuskript.

Die Untersuchung 2013 haben B90/Die GRÜNEN aufgrund der Kritik in verschiedenen Medien begonnen. Es gab eine externe Prüfung ihrer Haltung zur Frage der Kriminalität von Sex zwischen  Erwachsenen und Kinder in den Gründungsjahren ihrer Partei. Im Zuge dieser wurde auch das Original-Manuskript ohne Anmerkungen von Volker Beck aus dem Jahr 1988 gefunden.

die Bereitstellung einer geänderten Version durch Volker Beck

Volker Beck selbst hat dieses Manusskript aber nur in einer Version mit seinen Anmerkungen auf seiner Webseite bereit gestellt und erlaubt, dass zu dieser Seite ein Link führt.

Eine Journalistin des SPIEGEL hat dann die Aussage von Volker Beck recherchiert, dass seine Aussage 1988 in dem Buchbeitrag verfälscht worden sei. Sie glich das ursprüngliche Manuskript ohne Becks Anmerkungen und das Buch ab und warf Beck eine Falschdarstellung vor, da nur wenige, unwesentliche Inhalte geändert worden waren.

Nicht erwähnt hatte die Journalistin 2013 kurz vor den Wahlen aber, dass sich Volker Beck seit 1993 von diesem Inhalt distanziert hatte.


Zitate für die Presseberichterstattung / Urteil des BGH v. 30.04.2020 / I ZR 228/15

die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Presseberichterstattung bei Zitaten

Schon der EuGH hatte 2017 in einer für das Presserecht wichtigen Entscheidung festgestellt (vgl. EuGH, C 516/17, Urt. v.29.07.2019), dass Zitate auch in Form eines Links auf ein ganzes Buch zulässig sind.

Voraussetzung dafür aber ist, dass das Original des Buches zur Verfügung steht und zwar aufgrund der Entscheidung des Urhebers.

Da Volker Beck nur das Originalmanuskript mit seinen Anmerkungen bereitgestellt hatte, erschien es fraglich, ob das durch eine europäische Richtlinie (2001/29 EG -Richtlinie zur Harmonsierung bestimmter Aspekt der Informationsgesellschaft) bestimmte Zitatrecht ausreichen würde, um die Veröffentlichung durch den SPIEGEL zu rechtfertigen.


der Schutz der Presseberichterstattung über herausragende Tagesereignisse

In seiner Entscheidung bejaht der Bundesgerichtshof das Recht der Medien, über herausragende Tagesereignisse zu berichten.

das Informationsinteresse der Öffentlichkeit

Der BGH schätzt das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dieser Frage sehr viel höher ein als das Urheberpersönlichkeitsrecht des Autors.  Gemäß diesem Recht darf er über die Veröffentlichung des Originalmanuskriptes nur alleine entscheiden. Aber einmal gäbe es kein wirtschaftliches Interesse an einer Veröffentlichung mehr.  Des Weiteren aber habe sein Interesse an seinem Urheberpersönlichkeitsrecht kein großes Gewicht.

Wichtig war dem Bundesgerichtshof auch zu erwähnen, dass der SPIEGEL in seiner gesamten Berichtersattung auf die Distanzierung von Volker Beck seit 1993 hingewiesen habe.



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